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Wo die Frauen das Sagen haben

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Die Ê Ðê-Volksgruppe ist mit etwa 350’000 Menschen die zehntgrösste Minderheit Vietnams. Sie leben im Zentralen Hochland, überwiegend in der Provinz Đắk Lắk, will heissen in meiner erweiterten Nachbarschaft. Die nachfolgende Zusammenfassung über die Ê Ðê verdanke ich Cathrin Karras. Die Autorin stammt aus Bad Saarow, wohnt in Luong Son (Hòa Bình, Nord Vietnam) und ist dort als Lehrerin tätig. (https://www.facebook.com/cathrin.karras)

Die Gesellschaft der Ê Ðê ist nach dem Matriarchat organisiert. Das Dorfoberhaupt ist zwar ein Mann, aber der leitet die Geschicke der Gemeinde immer im Namen seiner Frau. Die Initiative für eine Hochzeit geht von dem Mädchen aus. Der Mann lebt immer in der Familie seiner Frau. Kinder bekommen den Familiennamen der Mutter. Söhne haben keinen Anspruch auf Erbe. Stirbt eine Frau vor ihrem Mann, wird sie durch eine ihrer Verwandten ersetzt. Findet sich in der Familie der Frau niemand, der diese Rolle übernehmen kann, muss der Mann zu seiner eigenen Familie zurückkehren.

Traditionell leben die Ê Ðê in Grossfamilien in sogenannten Langhäusern auf Stelzen (Im Cover: Direkt in meiner Nachbarschaft: Ein Langhaus in Krong Buk). So ein Haus kann je nach Grösse der Familie mehr als 100 Meter lang sein. Es ist in zwei Bereiche aufgeteilt. Die eine Hälfte des Hauses besteht aus einem grossen Raum, der von allen Familienmitgliedern gemeinsam genutzt wird. Die andere Hälfte ist in viele kleine Räume unterteilt, die jeweils einem Paar vorbehalten sind. Frauen und Männer betreten das Haus über verschiedene Treppen.

Beim Bau eines neuen Hauses helfen alle Dorfbewohnen entweder mit Material oder mit ihrer Arbeitskraft. Zur Einweihung des Hauses wird entlang der Wand eine Baumreihe angepflanzt. Zuerst betreten die Frauen der Familie, angeführt vom weiblichen Familienoberhaupt, das neue Haus. Sie führen dabei Wasser und Feuer mit sich, um dem Haus Kälte und Hitze zu geben.

Im Laufe des letzten Monats des Mondkalenders feiern die Ê Ðê viele Feste. Das wichtigste dieser Feste ist die Danksagung für eine gute Ernte. Wohlhabende Familien töten einen Büffel als Opfergabe, ärmere ein Schwein oder ein Huhn. Es gibt Rituale, die für Glück und Gesundheit sorgen sollen. Angebetet werden der Schöpfer Ae Die, der Geist des Reises und viele andere.

Die Ê Ðê haben eine reichhaltige kulturelle Tradition von Mythen, Märchen und Legenden wie das Klei Khan Y Dam San, ein berühmtes Epos in sieben Kapiteln über den berühmten Stammeshäuptling Ðam San. Es besteht abwechselnd aus Liedern, Rätseln und Geschichten und wird sehr lebhaft erzählt und mit Gebärden illustriert. Ausserdem sind die Ê Ðê sehr begabte Sänger, Tänzer und Musiker. Neben Gongs und Trommeln sind auch Ðing nam (eine Art Trompete), Ðing ktút (eine Flöte aus Bambus) und Streichinstrumente sehr beliebt.

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